Ein Jahr später als einst geplant beginnt am 11. Juni die EM 2021 in zehn europäischen Ländern.
Wenn sich zum Auftakt die Türkei und Italien gegenüberstehen, stellt sich zugleich die Frage, wer am meisten von der EURO 2020 Verschiebung profitiert hat.
Wir blicken auf die Sieger und Verlierer und stellen die Analyse an, warum die Verschiebung letztlich nur einen geringen Einfluss haben wird.
? Deutschland ist Sieger der EM 2021 Verschiebung
Nach der Weltmeisterschaft in Russland war die Ernüchterung rund um die deutsche Nationalmannschaft groß. Das Vorrundenaus erschütterte den damals amtierenden Weltmeister und warf ihn um Jahre zurück.
Zwei Jahre später hatte der scheidende Bundestrainer Joachim Löw den Weg der Verjüngung eingeleitet, musste aber auf größere Erfolge warten. Weder in der Nations League noch der glanzlos bestrittenen Qualifikation zur EURO 2020 glänzte Deutschland.
Dies setzte sich zuletzt fort, als die DFB-Elf von Spanien (0:6) und Nordmazedonien (1:2) auseinandergenommen wurde. Je mehr Zeit die Mannschaft vor der EM 2021 bekommt, desto wahrscheinlicher sind deshalb gute Leistungen.
Zudem reisen viele Leistungsträger mit großen Selbstvertrauen an. Die Münchner Riege hat dieses sowieso in der DNA, doch gleich drei Champions League Sieger kommen von Chelsea: Antonio Rüdiger, Timo Werner und Finaltorschütze Kai Havertz.
Da auch weitere Spieler im deutschen Kader wichtige Entwicklungsschritte gemacht haben (Kimmich, Koch, Neuhaus u.a.) und allzu schwerwiegende Verletzungen ausblieben (aktuell nur ter Stegen) gehört Deutschland auf jeden Fall zu den Gewinnern der EM 2021 Verschiebung.
? Türkei nutzt EURO 2020 Absage zu neuen Selbstbewusstsein
Die große türkische Generation, die 2002 das WM- und 2008 das EM-Halbfinale erreichte, ist mittlerweile Geschichte. Nachdem das Team einige wichtige große Turniere verpasste, ist man nun wieder dabei und gehört zu den Gewinnern der EURO 2020 Verschiebung.
Insbesondere die WM-Qualifikationsspiele im März zeigten, was in der meist defensivstarken türkischen Mannschaft steckt. Ein 4:2 gegen die Niederlande und das 3:0 gegen Erling Haalands Norweger waren Resultate, die noch vor zwei bis drei Jahren undenkbar waren.
Dazu kommen ebenfalls wichtige personelle Entwicklungen in den letzten 12 Monaten. So verpflichte Liverpool Ozan Kabak, der statt dem Schalker Abstieg die Champions League erreichen durfte.
Der Ex-Freiburger Caglar Söyüncü gewann mit Leicester City den FA Cup, während Burak Yilmaz, Yusuf Yazici und Zeki Celik allesamt mit dem OSC Lille Meister in Frankreich wurden. Diese Erfahrung wollen sie in der schwierigen EM Gruppe A alle einbringen.
Da es an der nötigen Motivation bei den Türken nie mangelt, ist der Mannschaft nach der EM Verzögerung durchaus etwas zuzutrauen.
? Portugal mit Vorteilen durch EM Neuansetzung
Portugal ist der amtierende Europameister und benötigt eigentlich keine weiteren Vorteile durch eine Verschiebung der EM 2021. Dass die Nation von der iberischen Halbinsel dennoch zu den Siegern der Pandemiepause gehört, zeigt ein Blick auf den Kader.
War dieser lange Zeit von Cristiano Ronaldo und dessen Torjägerqualitäten abhängig, gibt es nun schier endlose Optionen. Bestes Beispiel ist Diogo Jota aus Liverpool. Vor einem Jahr hatte er gerade 26 Minuten für Portugal absolviert, mittlerweile sind es sechs Tore in 12 Partien.
Joao Félix ist ein weiterer Spieler, dessen große Qualitäten erst 2020/21 wirklich zum Vorschein kamen. Unter Diego Simeone gewann er mit Atlético Madrid die spanische Meisterschaft. Dazu kommen Ruben Dias und die vielen Youngster von Portugals Meister Sporting…
Selbst Renato Sanches, beim letzten Turnier noch als bester Nachwuchsspieler ausgezeichnet, hat in Lille seine in München verlorene Form wiedergefunden.
Beste Voraussetzungen also für die Portugiesen, um ein Jahr als geplant in der EM Gruppe des Todes gegen Deutschland, Frankreich und Ungarn zu bestehen.
? Wacklige Niederlande reist als Verlierer zur EM 2021
Noch vor einem Jahr war die Niederlande das wohl vielversprechendste Team im Weltfußball. Youngster wie de Ligt, de Jong, van de Beek und Co. waren die begehrtesten Talente Europas.
12 Monate später ist die Hoffnung auf den EM Titel gedämpft. Das liegt bei Weitem nicht nur am EM Ausfall von Kapitän Virgil van Dijk.
Statt konstanten Auftritten erlebten die Niederländer einen Schlingerkurs, der im oben erwähnten 2:4 gegen die Türkei endete. Wirklich zu erklären ist die Wechselhaftigkeit des eigentlich so talentierten Kaders nicht – vielleicht ist der jugendliche Leichtsinn der einzig logische Grund.
Und selbst auf der Trainerbank fehlte auf einmal die Konstanz. Ronald Koeman wartete das verschobene Turnier nicht ab, sondern machte sich auf den Weg nach Barcelona. Nachfolger Frank de Boer konnte in elf Spielen nur fünf Siege feiern.
In dieser Form wird bereits das Auftaktspiel gegen die Ukraine zur großen Herausforderung.
? WM-Finalist Kroatien bei Europameisterschaft ohne Rakitic
Als WM-Finalist 2018 müsste Kroatien eigentlich voller Selbstvertrauen zur Kontinentalmeisterschaft anreisen. Dem ist allerdings nicht so. Schließlich traten nach dem Titelgewinn viele Leistungsträger wie Stürmer Mario Mandzukic zurück.
2020 wäre Ivan Rakitic noch für Kroatien aufgelaufen. Doch nach der Verschiebung des Turniers beendete der Mittelfeldmann seine Nationalmannschaftskarriere.
Ohnehin ist das Alter noch immer ein Problem der Mannschaft von Trainer Zlatko Dalic. Luka Modric soll der Chef im Mittelfeld sein, ist aber auch schon 35 Jahre alt.
Entsprechend müssen die Kroaten hoffen, dass sich die Generation noch einmal perfekt auf ein großes Turnier vorbereiten kann. Geholfen hat die EURO 2020 Verschiebung den Kroaten allerdings nicht, wie die Resultate der letzten Monate zeigten.
Niederlagen gegen Frankreich, Portugal, Schweden und sogar gegen den Nachbarn aus Slowenien ließen die so leidenschaftlichen Fans im Land vorerst enttäuscht zurück.
? Abwärts seit der WM 2018: Russland ist EM 2021 Verlierer
Bleibt noch Russland, wo man bei aller Liebe ebenfalls keinen positiven Trend analysieren kann. Klar, das Highlight im Land war die Weltmeisterschaft 2018, doch auch bei der EM 2021 wird die Sbornaja Heimspiele in St. Petersburg absolvieren.
Das Team ist größtenteils jedoch noch das gleiche, das bereits vor drei Jahren die WM bestritt. Das bedeutet zugleich, dass ein Oldie wie Yuri Zhirkov in Russlands EM Kader die Kohlen aus dem Feuer holen soll.
Der mittlerweile 37-jährige nahm jedoch nicht einmal mehr bei Zenit St. Petersburg eine zentrale Rolle ein. Gerade einmal die Hälfte der Spiele absolvierte er beim russischen Meister, während er in der Nationalmannschaft in zehn der letzten elf Spiele begann.
Die Resultate der Auswahl waren meist enttäuschend. Im November verlor Russland 0:5 gegen Serbien. Euphorie für die EM 2021 kommt da nicht auf.
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