In der Bundesliga und der 2. Bundesliga geht es an den finalen Spieltag, mit zahlreichen Entscheidungen, die noch offen sind. Felix Magath war bei zahlreichen dieser Klubs als Spieler und/oder Trainer aktiv.
Deshalb haben wir den polarisierenden 69-Jährigen zum Interview getroffen, um ihn nach der Lage seiner Ex-Klubs zu befragen.
Schafft der VfB Stuttgart den Klassenerhalt, oder kann Schalke noch den Platz in der obersten Spielklasse sichern? Außerdem: Was ist los beim FC Bayern, wie gehen die Duelle um den 4. und den 7. Platz aus und sehen wir den HSV nächstes Jahr wieder in seiner alten Heimat?
Felix Magath über Schalke 04: “Zuversichtlich, direkt die Klasse zu halten”
Wettbasis: Herr Magath, sind Sie optimistisch, dass der VfB Stuttgart an diesem Samstag den Klassenerhalt perfekt macht?
Felix Magath: “Der Sieg beim FSV Mainz 05 (4:1) am vergangenen Sonntag war natürlich eminent wichtig um einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt zu schaffen. Klar, wird an diesem letzten Spieltag die Tatsache, dass viele Vereine um nichts mehr geht, eine Rolle spielen, wie etwa bei der TSG Hoffenheim beim VfB.
Ich habe ja diese Konstellation vor einem Jahr mit Hertha BSC erlebt, als der eine oder andere Gegner bereits den einen oder anderen Spieler in den vorzeitigen Urlaub geschickt hatte. Von daher ist es schwer vorherzusagen, wie genau dieser letzte Spieltag ausgehen wird.
Insofern sieht es so aus, als würde der VfB Stuttgart mit einem Heimspiel gegen eine Elf, die nicht mehr gefordert ist, daher eine relativ leichte Aufgabe haben wird. Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit eher sehr groß, dass sich der VfB rettet und nicht über die Relegation muss.”
Nichtsdestotrotz ist es ewig her, dass die Schwaben mal im ersten Tabellendrittel waren. Wie ist diese lange Durststrecke zu erklären?
Magath: “Aus meiner Sicht gibt es zwei Aspekte: Das Geld sorgt dafür, dass der VfB nach wie vor fast jede Saison Bundesliga spielen darf. Aber die Neigung ins Risiko zu gehen, um ambitionierter aufzutreten, sorgt dafür, dass nicht mehr drin als der Klassenerhalt ist.
In den letzten Jahren hat es der VfB zur Philosophie gemacht, talentierte Spieler zu kaufen, zum Beispiel aus Frankreich, und sie in der Bundesliga zu zeigen und entwickeln zu lassen, um sie dann anschießend besser zu verkaufen. Mit solch einer Strategie ist der VfB gezwungen, diese Spieler nach einem oder zwei Jahren wieder zu verkaufen.
Insofern sind die Bedingungen schwer die Mannschaft nach vorne zu entwickeln. Es zeigt ganz klar, warum sich Stuttgart seit vielen Jahren nicht mehr im ersten Tabellendrittel befindet, sondern er spielt zum zweiten Mal in Folge gegen den Abstieg. Mehr ist bei diesem Verein momentan leider nicht drin.”
Schafft es Schalke 04 am Samstag mit dem Heimspiel gegen RB Leipzig?
“Die Lage auf Schalke ist so, dass sie auf einen Gegner treffen, der in sieben Tagen ein Pokal-Finale hat. Vielleicht werden dementsprechend einige Spieler komplett geschont oder die Partie auf der Bank beginnen.
Deshalb ist dieses letztes Bundesliga-Spiel für RB nicht mehr so wichtig. Mit einem engagierten Auftritt, wird also Schalke 04 die Chance haben – und engagiert spielen sie ja in den letzten Wochen – die Klasse direkt zu halten. Da bin ich zuversichtlich.”
Beim FC Bayern geht es eher drunter als drüber in dieser Rückrunde. Was ist das große Problem Ihrer Meinung nach?
“Vor knapp einem Jahr waren ja noch fast alle Medien und Beobachter vollen Lobes für Hasan und seine Transferpolitik, wie stark der Kader
zusammengestellt wurde, und so weiter.
Manche haben sogar behauptet, es sei der beste Kader aller Zeiten. Insofern bin ich nun verwundert, wenn ich dann höre, der Kader sei doch nicht so gut, es ist ja alles fürchterlich. Dass die Lage fürchterlich ist, stimmt ja, denn der FC Bayern wird womöglich zum ersten Mal seit elf Jahren die Saison titellos beenden.
Dass man diesen Kader erst dermaßen lobt und nun kritisch betrachtet, da stimmt es auch nicht ganz. Eher irgendwo in der Mitte liegt die Wahrheit. Für mich war der Ausfall von Manuel Neuer ein sehr entscheidendes Ereignis, denn er fehlt als starke Persönlichkeit, weil er jemand ist, der den Anderen vor sich auf dem Feld jederzeit Sicherheit verleiht.
Ich bin fest davon überzeugt, dass der FC Bayern mit einem fitten Manuel Neuer mindestens zwei Titel in dieser Saison geholt hätte.”
Wer wird Vierter: Union Berlin oder doch der SC Freiburg?
“Ich denke, dass Union Vierter wird und zum ersten Mal in die Champions League einziehen wird. Die Berliner haben die besseren Aussichten.
Außerdem sind sie vor heimischer Kulisse besonders schwer zu bezwingen.”
Und wer wird am Ende Siebenter: Eintracht Frankfurt oder der VfL Wolfsburg?
Felix Magath: “Ich glaube, dass der VfL Wolfsburg die Nase vorne haben wird, vor allem weil die Eintracht mit dem DFB-Pokal-Endspiel noch nach einem Titel greift und womöglich mit dem Kopf eher schon in Berlin sein wird.”
Felix Magath über HSV: “Bundesliga-Rückkehr ohne Relegation”
Packt es der HSV direkt zurück in die Bundesliga am Sonntag?
Magath: “Auch da gehe ich davon aus, dass der HSV die Rückkehr in die Bundesliga gelingt, ohne in die Relegation zu müssen, weil Heidenheim zuletzt Probleme hatte nach vorne zu spielen, und sie müssen ja gewinnen.
Auswärts tun sie sich immer wieder schwer. Der immense Druck kurz vor dem Aufstieg zu stehen kenne ich ja selbst: Wenn er in einer Mannschaft drin ist, kann er auch lähmen. Dementsprechend gehe ich davon aus, dass es für die Heidenheimer bei Jahn Regensburg maximal zu einem Unentschieden kommen wird.”
Was halten Sie vom Duo aus Trainer Tim Walter und Sport-Direktor Jonas Boldt in Hamburg und wie sehen Sie die sportlichen Perspektiven der Hamburger?
“Da bin ich zu weit weg, um beide Macher zu beurteilen und wie es dann bei einem möglichen Aufstieg sportlich weiter gehen würde für den HSV. Wenn er in die Bundesliga zurückkehrt, dann ist das Ziel erreicht, aber vor der Saison war es auch klar formuliert, dass der Aufstieg dieses Mal gelingen muss.
In der Rückbetrachtung wie die Saison gelaufen ist, muss man feststellen, dass der Hamburger SV die stärkste 2.Liga-Mannschaft hat, und dass im Gegenteil zur vergangenen Saison die Konkurrenten nicht Werder Bremen und Schalke 04 heißen, sondern Darmstadt und Heidenheim.
Insofern sollte der HSV schon den Anspruch haben, dass er auch in der Lage ist diese Teams hinter sich zu lassen.”
Interview: Alexis Menuge
