Der Reflex ist typisch: Läuft es schlecht, muss der Trainer schuld sein. Beim FC Augsburg richtet sich der Frust nach dem DFB-Pokal-Aus gegen den VfL Bochum nun auf Sandro Wagner.
Doch gibt es wirklich eine Sandro Wagner Krise? Und sollte der neue Trainer kurz vor einer Entlassung stehen? Ich sehe die Probleme beim FCA anders gelagert – ein Kommentar.
Sandro Wagner Krise? Die Fakten sprechen für Probleme
Nein, gut läuft es für Sandro Wagner und den FC Augsburg bislang in 2025/26 noch nicht. 0,88 Punkte pro Spiel holte der erst im Sommer verpflichtete Jung-Trainer bislang.
In der Bundesliga-Tabelle steht Rang 15, im DFB-Pokal ist die Reise gen Berlin seit Dienstagabend vorzeitig beendet.
Das große Versprechen, als das Wagner seit seiner Vorstellung galt, ist bislang also alles andere als eingelöst. Stattdessen befindet sich der FCA mitten im Krisenmodus.
Zugegeben – die zu Beginn seiner FCA-Zeit großspurigen Aussagen tun Sandro Wagner jetzt keinen Gefallen mehr.
„Ich sehe nicht, dass wir weniger Qualität haben als Bayern“, sagte er im Rahmen einer 2:3-Niederlage gegen den Rekordmeister vor einigen Wochen noch.
Natürlich weiß auch der ehemalige Bayern-Profi, dass diese Aussage völliger Unsinn ist. Doch er stützt konsequent seine Spieler und nimmt ihnen auch den Druck, indem er sich selbst in den Mittelpunkt stellt.
Die Realität lautet dennoch Abstiegskampf und Pokal-Aus gegen einen Zweitligisten, der eine Stufe tiefer selbst um das Überleben kämpft.
So weit, so schlecht: Doch bedeutet das nun, dass ein neuer Trainer das Team sofort wieder auf die richtige Schiene führt?
Der FC Augsburg lässt eine klare Identität vermissen
Eher nein, denn wer nun glaubt, mit einem weiteren Trainerwechsel sei alles gut, verkennt das eigentliche Problem. Der FC Augsburg leidet nicht an einer Sandro Wagner Krise. Er leidet an sich selbst.
Seit Jahren schwankt der Klub zwischen Bodenständigkeit und Größenwahn. Einerseits will man die Tugenden der Anfangsjahre nach dem Bundesliga-Aufstieg – Kampf, Demut und Zusammenhalt – hochhalten.
Andererseits wurde vor allem im Rahmen der Wagner-Verpflichtung vom „nächsten Schritt“ gesprochen, von spielerischer Entwicklung und mutigem Offensivfußball.
Nur: Der Kader ist für diesen Spagat nicht gemacht. Der steckt nämlich im Vergleich zu den hohen Erwartungen nur voller Durchschnitt auf fast allen Positionen.
Realistisch gesehen entspricht einzig die Torwartposition den (zu) hohen Erwartungen, wo Finn Dahmen versucht, eine löchrige Defensive noch so gut es geht zu flicken.
Andere wie Noahkai Banks oder Mert Kömür bringen viel Talent mit und werden von Wagner zurecht gefördert. Doch ein Team aus der Krise führen können diese Youngster bei Weitem noch nicht.
FCA steht genau dort, wo er hingehört – mit oder ohne Wagner
Wagner mag Fehler machen, zweifellos. Seine Spielidee wirkt zu theoretisch, die Mannschaft agiert individuell zu fehleranfällig. Aber Augsburg täte gut daran, sich zu fragen, was es eigentlich sein will:
Ausbildungsverein, Chaosklub oder graue Maus mit realistischen Zielen? Momentan ist man alles gleichzeitig und damit nichts so richtig.
Vielleicht ist die Wahrheit einfach unbequem: Der FCA kämpft genau dort, wo er hingehört – im unteren Tabellendrittel. Und das ist keine Schande.
Die Schande wäre, so zu tun, als sei man mehr, als man ist. Sandro Wagner ist nicht das Problem und er ist auch nicht der Grund einer Krise. Er ist vielmehr der Spiegel eines Vereins, der seine eigene Identität verloren hat.
Insofern wird sich in Augsburg wohl auch dann wenig ändern, wenn Wagner früher oder später seinen Job verlieren sollte, wie es im Geschäft halt so ist.
Allerdings sollten sich die Verantwortlichen vorher dringend überlegen, was sie sich eigentlich von ihrem Trainer und ihrer Mannschaft erwarten – und wie realistisch diese Erwartungen sind.



