Guido Buchwald hat aktuell Grund zur guten Laune, immerhin steht der VfB Stuttgart im DFB-Pokal-Finale, obendrein als Favorit.
Zu Gast beim Podcast „Wir können nur Fußball“ präsentiert sich der Weltmeister daher in plauderfreudiger Laune.
Buchwald spricht über die Saison der Stuttgarter inklusive Pokalfinale, seine persönliche Zeit in Japan und was er Thomas Müller nach seinem Aus beim FC Bayern München empfiehlt.
Guido Buchwald über DFB-Pokal-Finale: „Zum Glück nicht in Bielefeld“
Wettbasis: Unser heutiger Gast, Weltmeister Guido Buchwald. Wie geht es Ihnen?
Guido Buchwald: „Hallo, mir geht es sehr gut. Ich bin gesund. Der VfB Stuttgart ist auf einer gewissen Erfolgswelle. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir Pokalsieger werden, auf der einen Seite.
Auf der anderen Seite geht es mir eigentlich blendend. Ich mache meine Fußballschule mit der Sparkassenversicherung. Ich bin sonst auch sehr viel unterwegs, mit dem VfB Stuttgart als Botschafter. Also rundum ist für mich alles im grünen Bereich.
Ich fühle mich wohl, bin gesund und kann das machen, was mir Spaß macht.“
Das klingt wunderbar. Sie kicken auch noch ab und an. Wie fühlt man sich am Tag danach?
Buchwald: „Danach ist es nicht so schlimm, aber ich kann mich während des Spiels schon nicht mehr bewegen, weil mein Knie einfach kaputt ist. Da fehlt einfach der Knorpel und umso größer die gewisse Belastung kommt, habe ich schon Schmerzen während dem Spiel. Aber es macht mir unheimlich viel Spaß.
Es ist auch gut, ein bisschen Bewegung zu haben. Das ist sehr, sehr wichtig, wenn man sein Leben lang Sport gemacht hat, das auch im hohen Alter noch macht und das mache ich unheimlich gerne und für mich gibt es nichts schöneres wie Fußball spielen mit Kameraden, den Spaß zu haben und aber sich immer noch ein bisschen auch mit gewissen Gegnern zu vergleichen.
Von daher macht es riesig Spaß, obwohl es manchmal schon ein Stück Quälerei auch ist, aber positive Quälerei.“
Sie spielen ja mit den VfB-Legenden. Wer ist denn da noch so gut, dass Sie sagen, der könnte gefühlt immer noch regelmäßiger spielen?
Buchwald: „Also bei den VfB-Legenden haben wir mit Cacau einen, der noch topfit ist, Kuranyi ist relativ fit, kann man sagen. Und ansonsten natürlich der Bernd Förster oder die älteren – meine Generation, ich bin ja 1984 mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister geworden, was sehr schön ist, dass von der 84er Mannschaft, kann ja jeder sich ausrechnen, wie lange das schon her ist jetzt – da sind immer noch sechs, sieben Spieler mit dabei sind.
Also Bernd Förster, Karl-Heinz Förster macht unseren Trainer. Selbst der Hansi Müller ist manchmal noch dabei, obwohl er ’84 nicht mehr da war. Asgeir Sigurvinsson kommt aus Island manchmal, um das Spiel mitzuspielen. Also von daher haben wir eine tolle Truppe. Die Namen, ich hoffe, dass die noch jemandem ein Begriff sind. Also das waren damals wirklich die ganz großen Stars auch vom VfB. Ich war damals der Rookie, der junge Spieler, weil ich erst aus der 2. Liga, von den Stuttgarter Kickers kam.
Aber es ist sehr schön, wenn man da noch fünf, sechs, sieben Spieler hat. Günter Schäfer, Peter Reichert, die beim VfB Stuttgart auch die Teammanager sind, sind oft dabei. Von daher ist es eine tolle Sache. Aber ich spiele auch ab und zu Rheinland-Pfalz, Lottomannschaft, wo der Hans-Peter Briegel den Trainer macht und Dariusz Wosz ist wahrscheinlich auch noch ein Begriff. Dariusz könnte heute auch noch locker 2. Liga spielen.
Also das macht Spaß mit den Spielern. Und ich gehe ein bisschen rum. Bälle verteilen.“
Sie haben es eben angesprochen, beim VfB läuft es ziemlich gut. Im Mai steht das Pokalfinale gegen Arminia Bielefeld an. Werden Sie das Spiel in Berlin live im Stadion verfolgen?
Buchwald: „Ja natürlich, das ist für uns eigentlich eine Pflichtaufgabe und ich bin ja auch Botschafter beim VfB Stuttgart, also von daher müssen wir sogar mitgehen.“
Das ist ja ganz schlimm. Mit was für einem Spiel rechnen Sie?
Buchwald: „Ein Pokalendspiel wird ein Pokalendspiel sein und es wird ein schwieriges Spiel, glaube ich. Wir haben den großen Vorteil, dass es nicht heimisch ist, wie jetzt auf der Bielefelder Alm, sondern dass es ein neutraler Platz ist und dass die meisten Fans wahrscheinlich schon für den VfB sein werden.
Also ich denke, Bielefeld wird sich sehr, gut wehren. Die haben eine tolle Saison gespielt, vor allem im Pokal. In der Liga sind sie ja auch eigentlich vorne mit dabei, werden wahrscheinlich wieder aufsteigen. Also von daher, man darf nie was unterschätzen, aber die ganzen Voraussetzungen sprechen natürlich für uns, für den VfB Stuttgart.“
Haben Sie das Spiel der Bayern in der Champions League verfolgt gegen Inter Mailand?
Buchwald: „Habe ich verfolgt, also zu Hause, im Fernsehen. Und ich muss sagen, als Stuttgarter ist es immer komisch, wenn man sagt, man drückt den Bayern die Daumen, aber international ist das ganz klar. Und es war eigentlich unheimlich schade.
Die haben sehr gut gespielt, unheimlich gepresst, waren auch hinten relativ sicher gestanden, obwohl Inter natürlich riesige Konterspieler und auch tolle Fußballer hat. Das haben wir gesehen, wie ballsicher sie waren und dann natürlich immer die Räume auch genutzt haben. Aber sie hätten einfach, und das ist das, bei so knappen und engen Spielen, halt die Großchancen nutzen müssen.
Kane zum Beispiel muss das Tor machen, dann wird Bayern das Spiel mit Sicherheit knapp gewinnen. Aber Spiel war von beiden Seiten toll, das hat unheimlich viel Spaß gemacht. Man sieht, dass zwei tolle Mannschaften da sind. Und ich bin überzeugt davon, Bayern ist auch in Mailand nicht chancenlos. Mit der Leistung, die sie dort abgerufen haben, können sie auch in Mailand gewinnen.
Auswärtstore zählen ja nicht mehr wie früher, von daher ist es ein Tor, was den Unterschied bis jetzt ausmacht. Jetzt hat man Halbzeit und ich bin überzeugt davon, Bayern wird in Mailand auch wieder eine große Leistung abliefern. Die haben absolut die Chance, das Spiel so für sich zu drehen, um eine Runde weiterzukommen.“
Buchwald rät Thomas Müller: „Muss ins Ausland, als Botschafter für Deutschland“
Würde in einem Rückspiel Inter Mailand gegen FC Bayern, wenn der Trainer Guido Buchwald heißt, Thomas Müller starten?
Guido Buchwald: „Ich hätte ihn auf jeden Fall beim Heimspiel starten lassen, nachdem so viele Ausfälle da waren. Das mit Guerreiro war auch nicht so glücklich. Er hat die Position nicht gefunden, weil das auch nicht unbedingt seine große Position war.
Der Trainer hat sich mit Sicherheit natürlich da was überlegt, wollte einfach einen Überraschungsmoment reinbringen. Aber gestern hätte ich als Trainer Thomas Müller natürlich spielen lassen. Er ist einfach so ein positiver Typ, der das Publikum mitnimmt und bringt auch immer noch die Leistung für besondere Spiele. Er ist einfach immer noch der Thomas Müller, der immer da ist.
Das hat man auch jetzt wieder gesehen. In Mailand muss man mal sehen, wie man die Taktik ausgibt. Natürlich glaube ich nicht, dass man erst mal gleich vollen Kanne angreifen wird. Die Mailänder haben nicht so den Druck, wie wir Deutsche eigentlich zu Hause, wenn es 0:0 steht, dass sie unbedingt nach vorne spielen müssen.
Bei uns in Deutschland erwartet das Publikum immer gleich Angriffsfußball. Die Italiener sind da einfach mehr erfolgsbezogen. Deshalb wird es sehr schwierig. Die Mailänder werden bestimmt die gleiche Taktik irgendwo auslegen, versuchen Bayern kommen zu lassen, dann die Räume eng zu machen und dann mit schnellem Umschaltspiel auf den Erfolg zu gehen.
Von daher wird das Spiel relativ ähnlich. Und dann muss Bayern die 1-2 Großchancen reinmachen und dann ist wieder alles offen.“
Wie sehen Sie allgemein die Situation mit Thomas Müller? Sie sind damals mit 33 Jahren nach Japan gewechselt, nach einer langen und erfolgreichen Zeit beim VfB Stuttgart. Was würden Sie Thomas Müller jetzt raten? Den Schritt ins Ausland zu gehen? Vielleicht in Deutschland bei einem anderen Club nochmal Erfahrung zu sammeln oder seine Karriere zu beenden?
Buchwald: „Also der Thomas wird immer mit Bayern München in Verbindung gebracht. Er ist Mr. Bayern, muss man einfach so sagen. Er ist eine der ganz, ganz großen Legenden von Bayern. Und deshalb würde ich ihm eigentlich nur raten, wenn ich ihm was raten dürfte, irgendwo vielleicht noch mal ein neues Engagement anzunehmen.
Amerika oder vielleicht sogar auch Saudi-Arabien oder was ganz Exotisches zu machen. Weil in Europa, oder in Deutschland sowieso – erstmal in Deutschland, würde ich sagen – auf gar keinen Fall. Das kann gar nicht funktionieren. Er müsste wenn dann irgendwo ins Ausland gehen.
Amerika wäre vielleicht ein tolles Thema. Oder dann auch so wie Cristiano Ronaldo vielleicht, doch nochmal in diese Länder zu gehen, wo der Fußball im Aufbau ist. Ich war damals auch in Japan, als der Fußball aufgebaut wurde in Japan. Das kann man vielleicht nicht eins zu eins vergleichen, aber da war der Profifußball auch erst in den Kinderschuhen.
Also von daher könnte Thomas Müller überall auf der Welt, wo der Fußball geliebt wird, wo man aber noch nicht diese große Leistungsfähigkeit hat wie in Europa, unheimlich viel helfen. In den Ländern oder in dem Verein, in dem er spielt, die Professionalität reinzubringen. Wenn er da Lust und Freude hätte, wäre er auch ein sehr, sehr guter Botschafter für Deutschland, muss man mal einfach so sagen.“
Jetzt haben wir gerade über Ihren Japanwechsel geredet. Wie kam es damals dazu? Stuttgarter Kickers, VfB Stuttgart und dann liest man auf einmal Urawa Red Diamonds.
Buchwald: „Das war damals so, ich wollte ja auch schon 1990 nach der Weltmeisterschaft nach Italien gehen. Hat alles nicht so funktioniert, leider in dem Moment, Gott sei Dank im Nachhinein, sonst wäre ich 1992 nie mit dem VfB noch einmal Deutscher Meister geworden.
Aber für mich war dann ’94 klar, nach der Weltmeisterschaft in den USA höre ich auf mit der Nationalmannschaft. Ich bin 33 Jahre alt und ein ganz großer Verein, so ein Traum, wird nicht mehr gehen. In Deutschland hätte ich nie gewechselt mehr. So ein Traum, mal woanders zu spielen, bei einem ganz großen Verein zu spielen, das war realistisch mit 33 auch nicht mehr drin.
Real Madrid oder egal welcher Verein, von den ganz großen damals. Und dann kam das schöne Angebot aus Japan. Für mich war es immer klar, ich wollte mich nochmal irgendwo durchsetzen, woanders, im Ausland und einfach auch da Dinge lernen. Nicht nur im Sportbereich, aber auch im privaten Bereich auch mal lernen sich woanders zu finden. Und Japan ist damals sogar noch ein bisschen exotischer gewesen als heute.
Ich wollte mich da durchzusetzen und einfach diese Erfahrung sammeln. Und dann kam das Angebot und dann war das für mich eine ideale Sache. Der erste Vertrag war eineinhalb Jahre. Man sieht es ja, wie lange ich geblieben bin. Ich habe noch zwei Mal ein Jahr verlängert als Spieler. Daran sieht man, wie gut mir das gefallen hat. Das ist so bis heute.
Später bin ich noch einmal als Trainer rüber, also auch sehr erfolgreich sogar, ich bin ja da Meister geworden, Pokal zweimal gewonnen, Supercup-Sieger. In drei Jahren haben wir das alles gemacht. Bis heute habe ich unheimlich viele enge Freunde aus Japan. Das ist wirklich so nach Stuttgart meine zweite Heimat geworden.
Ich sage immer, ich muss froh sein, dass es 1990 nicht geklappt hat, dass ich noch vier schöne, super tolle Jahre beim VfB Stuttgart gehabt habe und dann die große Erfahrung Japan machen durfte. Weil wenn ich damals irgendwo ins europäische Ausland gehe 1990, wäre ich, glaube ich, nie in Japan gelandet. Also von daher gibt es da immer irgendeine Macht über uns, einen lieben Gott, der einem den Weg aufzeigt.
Und man muss immer alle Dinge positiv angehen. Für alle Türen die zugehen, da geht wieder eine andere Tür auf und einfach positiv, mit voller Energie die Dinge dann auch angehen. Ich muss sagen, im Nachhinein war es alles super, auch wenn ich da kurzfristig gehadert habe damit, dass ich nicht nach Italien durfte oder konnte.
Da waren Sie wirklich Vorreiter. Mittlerweile ist Japan ja ein beliebtes Reiseziel, auch für viele Deutsche. Das gab es damals in der Form noch nicht.
Buchwald: „Stimmt, aber damals war ja Japan wirklich noch, auch vom Kopf her gefühlt, sehr weit weg. Also nicht nur im Sport, sondern auch insgesamt als Reiseziel. Es ist sehr schön, das zu beobachten, wie viele Menschen, jetzt auch hier bei mir in der Umgebung, sagen, wenn ich frage, wo geht denn der Urlaub hin?
Dann sagen auf einmal viele, wir gehen mal 14 Tage nach Japan. Und das war zu der Zeit, in den 90er Jahren, gar kein Thema, nach Japan zu gehen. Da ist man eher nach Thailand oder drumherum irgendwo hingegangen.“
Der VfB ist wieder richtig gut in Form. Sie spielen an sich eine tolle Saison, nur die Leistung hat oft nicht ganz zu den Ergebnissen gepasst. Aber jetzt steht man im Pokalfinale und ist nur noch vier Punkte von einem Europa League-Platz entfernt. Was geht da noch die restlichen Spieltage? Sind Sie davon überzeugt, dass man sich auch über die Bundesliga noch fürs internationale Geschäft qualifizieren kann?
Buchwald: „Da bin ich absolut überzeugt, weil wir haben die, in Anführungsstrichen, ganz schweren Gegner alle weg, wo wir wirklich auch gute, tolle Leistungen gezeigt haben, aber die Punkte einfach nicht eingefahren haben. Und jetzt kommen Gegner, wo der VfB eigentlich grundsätzlich immer ein bisschen die Nase vorne hat.
Also die Mannschaft ist so gefestigt und wird jetzt in den nächsten Spielen auch wieder die Ergebnisse einfahren. Ob es für die Top 4 reicht, das ist eine gute Frage. Da hinkt man schon sehr weit zurück. Aber ich bin überzeugt, dass der VfB unter den ersten Sechs landen wird und damit auch international wieder dabei ist. Ich bin so überzeugt von der Mannschaft.
Man hat auch gesehen, in Bochum beim letzten Spiel, hat der Sebastian Hoeneß sehr viel gewechselt, sehr viele neue, junge Spiele auch wieder reingebracht und die haben so eine tolle Leistung gebracht. Ich glaube, das Leipzig-Halbfinalspiel im Pokal hat der Mannschaft jetzt das nötige Sieger-Gen wieder mitgegeben.
Deshalb bin ich unheimlich zuversichtlich, dass wir unter die ersten Sechs kommen werden in der Liga und dann natürlich das Pokal-Endspiel auch gewinnen werden.“
Und dann schießt Nick Woltemade Deutchland 2026 zum WM-Titel.
Guido Buchwald: „Das habe ich schon mal aus Spaß beim letzten Spiel gesagt, gegen Italien in der Nations League, aber er ist ja nicht nominiert worden.
Aber ich glaube, meine Prognose damals, dass er einen großen Schritt nach vorne gemacht hat und dass er, nicht nur von der Körpergröße, sondern auch vom Können her, ein ganz großer Mittelstürmer für Deutschland werden kann, scheint zu stimmen.
Und für uns Stuttgarter natürlich auch. Oder für Stuttgart ist er das eigentlich sogar schon.“
Vielen Dank Guido Buchwald.
Buchwald: „Immer wieder gerne. Alles Gute.“