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“Vom FC Bayern bin ich zu 1000 Prozent ein Fan”

Jean-Marie Pfaff (64) war in den 80er Jahren einer der weltbesten Torhüter. Von 1982 bis 1988 spielte der Belgier für Bayern München und wurde 3 mal Deutscher Meister, 2 mal DFB-Pokalsieger und erreichte 1987 mit den Bayern das Finale im Europapokal der Landesmeister, das Bayern 1:2 gegen Porto verlor. Tom Hilgers sprach für wettbasis.com mit Jean-Marie Pfaff über die Chancen der Bayern gegen Real nach der Hinspielniederlage.

Jean-Marie Pfaff, Bayern München hat das Hinspiel im Halbfinale der Championsleague zu Hause mit 1:2 verloren. Du hast Dir das Spiel ganz sicher angeschaut, wie ist Deine Analyse?

Ich habe gesehen, dass Madrid nicht so stark war und Bayern München dann natürlich Pech hatte mit dem Ausfall von Robben und später auch Boateng. Aber man lernt schon als Kind, den Ball in der Mitte des Platzes niemals dahin zu spielen, wo die Anderen stehen und woraus dann Madrid auch das zweite Tor geschossen hat. In der Bundesliga kann man sich das mal erlauben, den Ball so abzugeben, aber gegen einen Verein wie Real Madrid ist das eine Katastrophe.

 

Was fehlt denn da bei den Bayern? Ich meine, Rafinha ist doch eigentlich ein alter Hase, dem das niemals so passieren darf…

Normalerweise darf das natürlich nicht passieren. Das bekommst Du ja schon in der Jugend beigebracht, dass es immer gefährlich wird, wenn bei so einem Pass einer dazwischenkommt. Aber das war natürlich ein Knackpunkt für das Spiel und dann noch die Verletzungen von Boateng und Robben, die sicher ausfallen werden.

 

Und Bayern musste die eigenen Chancen nutzen gerade in so einem Spiel. Fehlt da die Cleverness?

Sie hatten die Chancen, aber sie haben sie nicht genutzt. Madrid zeigte doch keine 50 Prozent von seiner Qualität, wie wir sie letztes Jahr gesehen haben. Jetzt müssen sie sehen, dass sie das in Madrid schaffen, aber auf der anderen Seite, wenn die ein Tor schießen, musst Du schon drei Tore schießen. Das wird natürlich schwer. Ich hatte es nicht erwartet, mein Tipp war 3:0 für Bayern München.

 

Vergangene Saison hatten die Bayern nach dem Hinspiel ja dieselbe Ausgangsposition und es wurde noch sehr eng. Was muss besser werden am nächsten Dienstag, damit Real wackelt?

Ja, aber da brauchst Du schon Glück. Glück brauchst Du immer im Fußball. Wenn Du dann mal das erste Tor schießt und dann vielleicht noch eins. Aber jetzt haben sie erstmal das Bundesligaspiel am Wochenende und dann Dienstag schon wieder das Rückspiel. Das ist sehr kurze Zeit für alle. Wir kennen ja Bayern München. Es ist immer schön, wenn Du ins Endspiel kommst und das hat in den vergangenen Jahren schon nicht geklappt. Aber so ist Fußball – Fußball ist schön, aber hart. Ich habe wirklich nie erwartet, dass die rausfliegen.

 

Glaubst Du denn noch dran, dass sie das noch drehen am nächsten Dienstag?

Oh, 50 zu 50, Juventus und Roma haben auch Spiele noch gedreht. Vielleicht, vielleicht, aber ich muss ehrlich sagen, sie hatten doch wirklich Chancen genug, aber der Torwart ist eben auch noch da. Ich bin ein bißchen traurig natürlich. Wenn sie das nicht schaffen, okay, Bundesliga ist man ganz vorne und Spitze und DFB-Pokal. Aber die Championsleague ist top für einen Verein. Das sind goldene Titel. Ich habe nur das Endspiel geschafft und kann nur sagen, dass ich mal im Endspiel war. Aber ich kann nicht sagen, dass ich die Championsleague gewonnen habe.

 

Du sprichst immer noch sehr emotional über die Bayern, hast ja lange in München gespielt. Wie sehr schlägt denn eigentlich noch das Bayern-Herz in Deiner Brust?

Weißt Du, vom FC Bayern München bin ich zu 1000 Prozent ein Fan. Warum? Ich habe da gelebt, ich habe da liebe Menschen kennengelernt, ich habe da viele schöne Sachen erlebt. Wann immer ich Zeit habe, schaue ich mir die Spiele an und verfolge die Mannschaft.

 

Du hast selber noch unter Jupp Heynckes trainiert. Was zeichnet ihn als Trainer aus?

Jupp ist ein Mann, der viel Verständnis für das Soziale und Familiäre hat. Er hat immer eine gute Vorbereitung auf die Spiele gemacht und er weiß, was ein Fußballer wissen muss. Bei Mönchengladbach war er ja selber ein großer Fußballer und Europameister, Weltmeister geworden mit Deutschland. Das wirst Du nicht einfach so. Jupp ist ein sehr netter Mensch, der immer Verständnis hatte, wenn man mit ihm gesprochen hat. Und für ihn war es immer schwierig, wenn er mal einen Spieler aus bestimmten Gründen nicht aufstellen konnte. Ich hatte nie ein Problem mit ihm – im Gegenteil. Er war immer sehr bescheiden. Es ist schade für ihn gegen “sein” Madrid, aber wir haben ja noch ein Spiel über 90 Minuten. Nur hinten musst Du diszipliniert bleiben.

 

Hat Dir die defensive Disziplin bei den Bayern gefehlt?

In der entscheidenden Situation waren alle vorne. Der rechte Verteidiger bekommt das Zuspiel nicht, aber wo waren die Abwehrspieler denn da? Vorstopper, wo waren die? Du musst immer die Zentrale zumachen. Diese Fehler darfst Du Dir nicht erlauben und das darf so nicht sein. In der Bundesliga geht das. Da kann man viel nach vorne laufen. Aber doch nicht gegen Real. Die Abwehr muss zentraler verteidigen. Wo war der 6er, die Innenverteidigung, das zentrale Mittelfeld? Und der Torwart muss die zurückrufen, Kommandos geben. Das Tor war dann so fast unvermeidbar. Und trotzdem haben sie es ja noch versucht, Moral gezeigt, aber Du musst einfach die Zentrale zumachen, absichern. Du musst jetzt in Madrid rennen, rennen, rennen. In die Tiefe gehen – der rechte und der linke Verteidiger sind so langsam. Ja, da musst Du in den Rücken von den Leuten kommen und dann Flanken geben.

 

Da fehlte Robben natürlich total auf der rechten Seite gegen einen Marcelo…

Ja, das ist natürlich das Problem, wenn Du mit Robben rechnest und dann haben die Pech die Jungens. Es ist bitter, wenn man immer in wichtigen Spielen nicht dabei sein kann, ist das auch schwer für einen Club, damit zu rechnen. Ribery war richtig gut – sein Gegenspieler konnte ja nicht mehr, der arme Kerl. Aber Du musst auch die Tore schießen. Denken, was alles möglich ist. Nicht negativ ins Spiel gehen. Vielleicht machen die eins, dann machen wir eben vier Tore. 

 

Du hast eben gesagt, der Torwart muss Kommandos geben. Sven Ulreich spielt eine unfassbar gute Saison, aber ist er vielleicht manchmal etwas zu leise?

Als Torwart von Bayern München ist das natürlich nicht so einfach von der Linie. Aber Du musst beim zweiten Tor dafür sorgen, dass die Abwehr nicht in Unterzahl ist. Ein Torwart muss 90 Minuten sprechen. “Geh mal, komm mal zurück, geh Du und bleib Du hier”, aber, weißt Du, das ist vielleicht etwas, was ihm noch fehlt in seinem Mut. Denn wenn er was sagt, sagen vielleicht die Spieler vor ihm, “halt den Mund, wir machen, was wir sagen.” Aber wenn so etwas passiert, wie gestern, dann ist es dumm. Nein, ich gebe ihm ganz sicher keine Schuld daran – der kann nichts dafür. Aber als Torwart musst DU die Abwehr zusammenhalten. Du musst rufen. Das geht im Spiel so schnell, dann musst Du auch von hinten raus reagieren. Solange die den Ball haben, ist ja alles okay. Aber wenn sie nicht gut stehen, muss er Kommandos geben. Das lernt man normalerweise früh. Und mal weg vom Torwart von Bayern München. Achte mal am Fernsehen grundsätzlich auf Stil und Trend im Torwartspiel. Das ist zu vergleichen mit Handball und Volleyball. Viele halten die Bälle nicht mehr fest, sondern lassen prallen. Oder gehen nur noch mit den Füßen zum Ball. Das ist nicht gut für den Fußball. Ich finde es klasse, wenn ein Torwart mitdenkt, konzentriert ist, Stellungsspiel hat, das finde ich klasse. Und das musst Du Deine Verteidiger auch spüren lassen. Aber noch einmal: Die haben jetzt noch 90 Minuten und dann musst Du erst etwas abwarten und dann volle Pulle gehen.

 

Letzte Frage, wie gehts Dir denn eigentlich in Deinem Fußballer-Rentnerleben in Belgien?

Ich mache viel. Am 9. Juni bin ich in Steinbach zum 25-jährigen Fanclub-Jubiläum und einen Tag später bin ich bei einem Fanclub in Kulmbach. Ich halte Vorträge, zum Beispiel in Köln und in Hannover, bin viel unterwegs und arbeite auch fürs Fernsehen.

 

Prima, dann danke ich Dir für das mal wieder sehr interessante und nette Gespräch mit Dir. Und lass uns gemeinsam die Daumen drücken, dass die Bayern im Rückspiel doch noch den Dreh in Richtung Finale schaffen. Vielen Dank, Jean-Marie Pfaff.

Tom Hilgers
Radioredakteur und Fußball-Live-Reporter mit Wurzeln im Bereich von Radio NRW und “bundesliga.de”
Live-Reporter bei der FIFA-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland für Radio NRW und RTL
2007-2013 Chefreporter bei “90elf-Deutschlands Fußballradio”
Fußball-Live-Reporter bei Amazon Music und Radio PSR