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Tom’s Montag: Keine Zeit für Sentimentalitäten

Seit dem Wochenende frage ich mich mit Blick auf die Bundesliga mehrfach, ob ich Mitleid empfinde. So zum Beispiel im Fall von Borussia Dortmund und Peter Stöger. 0:2 auf Schalke zu verlieren, ist für den BVB schon schlimm genug. Aber im Prinzip rundet die kaum überraschende Derby-Pleite nur eine höchst merkwürdige Saison der Dortmunder ab.

“Gratulation an Schalke. Ich denke, dass sie das Spiel nach den 90 Minuten verdient gewonnen haben. Es waren einige Situationen im Spiel, wo man vorne Durchschlagskraft gebraucht hätte – das haben die Schalker gut verteidigt. Und im Offensivbereich haben sie einige wenige Möglichkeiten besser verwertet.”

Peter Stöger
Denken wir mal an den Super-Start unter Peter Bosz zurück. Alles lief so unfassbar gut zu Saisonbeginn, dass man sich schon Gedanken darüber machte, wer denn überhaupt in der Lage sein könnte, diese Dortmunder zu stoppen. Dass nun alles ganz anders kam, lag sicher nicht nur am Durchstarten der Bayern unter Jupp Heynckes, sondern an Dortmunder Verletzungspech, der zumindest diskussionswürdigen BVB-Trainerwahl und vor allem auch an einem Spielerkader, der – aus welchen Gründen auch immer – nur selten seine wahre Leistungsstärke zeigte. Und so bleibt der Eindruck, dass Peter Stöger in seiner ruhigen und sachlichen Art noch rausholte, was rauszuholen war. Vielleicht sollte man auch einmal den einen oder anderen Spieler fragen, ob Leistungsbereitschaft, Wille und Charakter in dieser Saison wirklich immer so stimmten, wie man sich das als Fan dieses Vereins gewünscht hätte. Es ist immer leicht, auf einen ruhigen Trainer einzuhämmern, zumal der auch noch das Pech hatte, von einem Engangement nach Dortmund zu huschen, das zuletzt, gelinde gesagt, nicht wirklich erfolgreich verlief. Tun mir Dortmund und Peter Stöger also leid? Nö, eigentlich nicht, denn der BVB wird sich wohl irgendwie über die Champions-League-Ziellinie retten und Stöger kann sich dann durchaus zu Recht dafür feiern lassen, dass er die Saison noch so gerade gerettet hat. Für die BVB-Fans bleibt trotzdem ein bitterer Beigeschmack, denn Schalke war einfach besser…

“Zunächst einmal ist es ein Privileg, da oben stehen zu dürfen. Wenn wir fair gewesen wären, müsste jeder einzelne Spieler da oben stehen. Die ganze Trainingswoche war einfach super und das Spiel einfach gut. Jeder einzelne Spieler ist ans Limit gegangen. Ich hatte ursprünglich auch abgelehnt, da hochzugehen, hatte dann aber das Gefühl, dass die Ultras das Stadion abbauen. Das wollte ich auch nicht.”

Domenico Tedesco

Niko Kovac wird also neuer Bayern-Trainer. Endlich sind Diskussionen und Spekulationen also beendet und wir dürfen abwarten, ob Kovac der großen Aufgabe auch gewachsen sein wird. Denn natürlich ist Bayern eine Hausnummer, die Du als noch relativ junger Trainer erstmal bewältigen musst. Fredi Bobic wetterte und schickte mal direkt eine kleine Schimpftirade gen Süden, aber verdienen Bobic und die Eintracht unser aller Mitleid? Ich finde, nein. Wenn ich doch einen Trainer mit einer Ausstiegsklausel im Vertrag ausstatte, dann muss ich verflixt nochmal damit rechnen, dass sich das irgendwann im Erfolgsfall herumspricht. Dann kann man natürlich immer noch darauf spekulieren, dass die Bayern doch niemals auf die Idee kommen würden, bei Niko Kovac anzuklopfen und somit die Ausstiegsklausel nie gezogen wird. Aber erstens ist im Fußball bekanntlich alles möglich und zudem hat Kovac auch noch eine Bayern-Geschichte, mia san mia, Stallgeruch, Bayern denkt gerne an seine “Ehemaligen”, sowas sollte man wissen. Wie auch immer diese Geschichte dann gelaufen ist und wie lange Kovac und die Bayern schon miteinander geflirtet haben, ist da doch schnurz. Wir sind ja nicht im Kindergarten und im Fußball verhandelt man natürlich auch schon mal im stillen Kämmerlein, ohne gleich zum Telefonhörer zu greifen und den Arbeitgeber zu informieren. Ich finde, man darf sich nicht wundern, wenn man Spieler oder Trainer im Arbeitsvertrag mit einem Hintertürchen ausstattet und sie diese Tür dann eben auch benutzen, um vielleicht eine Etage höher zu kommen. So bitter das für die Eintracht gerade in der jetzigen Situation ganz sicher ist. Fredi Bobic, die Eintracht und Kovac haben einen Super-Job gemacht, aber die Bundesliga ist eben manchmal kein Kuschelkissen. Und Mitleid fehlt mir auch hier.

Hamburg und Köln werden sich wohl wirklich in Richtung 2. Liga verabschieden. Ja, es ist rechnerisch noch nichts endgültig, aber das sagen und schreiben wir ja nun schon eine Weile. Ich denke, dass der HSV trotz der insgesamt positiven Entwicklung unter Christian Titz einfach fällig ist. Sie haben mir auch in Hoffenheim insgesamt gut gefallen, boten eine spielerisch ansprechende und mannschaftlich geschlossene Leistung, aber vor allem vorne reicht es einfach nicht. Das ist zu harmlos für die Bundesliga, obwohl ich davon überzeugt bin, dass sie die Klasse gehalten hätten, wenn sie immer so aufgetreten wären wie in den Partien unter Christian Titz. Auch für Köln gilt es, die absolut verkorkste Saison ganz schnell aufzuarbeiten und in der 2. Liga möglichst schnell anzukommen. Dass der sofortige Wiederaufstieg auch in der Domstadt von Trainer (Markus Anfang???) und Mannschaft erwartet wird, ist klar. Ein Selbstläufer ist das allerdings in der 2. Liga sicher nicht. Mitleid empfinde ich auch hier eher wenig. In Hamburg lief dafür in den vergangenen Jahren zu viel zu amateurhaft, sodass man sich im Norden nun wahrlich nicht wundern muss. Und in Köln war es eine Mischung aus Verletzungspech, Pech und Unvermögen, zu viel Unruhe im Hintergrund, Schmadtke weg, Stöger funktionierte auf einmal nicht mehr und schon bist Du in dem Strudel, aus dem es dann kein Entrinnen mehr gab.

Und sonst? Hoffenheim und Leverkusen beeindrucken mich im Moment mit tollem Offensiv-Fußball. Wenn Nagelsmann mit seinen Jungs am nächsten Spieltag auch in Leipzig gewinnen sollte, ist sogar noch ein Champions-League-Platz möglich. Dortmund und Leverkusen treffen sich zum direkten Duell, das der BVB für mich noch längst nicht gewonnen hat – im Gegenteil. UND am letzten Spieltag hat Hoffenheim die Stöger-Jungs in Sinsheim… noch Fragen? Da scheint durchaus noch eine Menge drin zu sein in dieser wunderbar verrückten, an der Spitze leider derzeit zu einseitigen und trotzdem meistens mitleidsfreien Bundesliga.

Tom Hilgers
Radioredakteur und Fußball-Live-Reporter mit Wurzeln im Bereich von Radio NRW und “bundesliga.de”
Live-Reporter bei der FIFA-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland für Radio NRW und RTL
2007-2013 Chefreporter bei “90elf-Deutschlands Fußballradio”
Fußball-Live-Reporter bei Amazon Music und Radio PSR