Tadej Pogacar dominiert in den vergangenen Jahren den Radsport, wie man es seit Ewigkeiten nicht mehr erlebt hat. Das Beeindruckende daran: Er beherrscht nicht nur die Tour de France, sondern er gewinnt bei (fast) allen Rennen bei denen er antritt. Sie es bei den großen Klassikern im Frühjahr oder auch im Herbst.
Warum ist Tadej Pogacar so gut?
Diese Frage dürften sich nicht nur die Radsport-Fans stellen, sondern auch die Experten und auch Berufskollegen rätseln über die Dominanz des slowenischen Alleskönners.
So gut ist Tadej Pogacar seit 2024
Die Saison 2024 begann für Pogacar mit einem 80-Kilometer-Solo bei Strade Bianche, es folgten vier Etappen und die Gesamtwertung bei der Katalonien-Rundfahrt und im April noch der Triumph bei Lüttich-Bastogne-Lüttich nach einer Alleinfahrt über 34 Kilometer.
Im Anschluss holte Tadej Pogacar sechs Etappen und die Gesamtwertung beim Giro d’Italia und wiederholte dieses Kunststück bei der Tour de France. Das Double mit Giro & Tour gab es zuletzt 1998 durch Marco Pantani.
Die Weltmeisterschaft dominierte er nach einem 100-Kilometer-Solo und die Lombardei-Rundfahrt nach einer Attacke rund 48 Kilometer vor dem Ziel.
2025 geht die Regentschaft des Radsport-Königs weiter. Pogacar regiert gnadenlos wie Siege bei der Flandern-Rundfahrt, Lüttich-Bastogne-Lüttich und bei der Tour-Generalprobe Criterium Dauphine zeigen. Und auch bei der Tour de France ist der Gelbe Riese wieder allen überlegen.
5 Gründe: Team, Ernährung, Training, Material, Körper
Wie macht das Tadej Pogacar? Warum ist er so gut? Was sind die Gründe für die Pogacar Dominanz?
1. Das UAE-Team: Tadej Pogacar fährt im besten Team, das es im Radsport derzeit gibt. Bei jedem Rennen wird ihm die bestmögliche Mannschaft zur Verfügung gestellt. Sämtliche Helfer, die beispielsweise bei der Tour an seiner Seite fahren, könnten auch Kapitäne bei anderen Mannschaften sein – wie etwa Adam Yates. Dazu kommen tempoharte Fahrer wie Tim Wellens, Pavel Sivakov, und der Kölner Nils Politt.
Das UAE-Team zwingt dem Rest des Feldes ihre Taktik auf, dass zum einen niemand wirklich folgen kann und, dass mit Tadej Pogacar einer am Ende der Kette ist, der im Anschluss an die Tempofahrt derart heftige Attacken setzen kann, denen niemand oder kaum jemand wirklich folgen kann.
Das passiert bei fast jedem Rennen, auch bei der Tour 2025 immer wieder.
Die perfekte Betreuung hat Pogacar aber nicht nur im Rennen selbst, sondern auch davor und danach. Dem Radsport-König werden alle Wünsche erfüllt. So hat er beispielsweise seinen eigenen Masseur und seinen eigenen Mechaniker bei den Rennen dabei.
2. Training: Bei Tadej Pogacar wird beim Training optimiert was geht. Er selbst schwärt auf Kraft- und Stabilisierungsübungen – sogar vor einer Etappe macht er Übungen mit dem Gummiband zur Stärkung der Rumpfmuskulatur.
Alles wird genau überwacht, es werde viel Wert auf die perfekt Ausnutzung von Mitochondrien gelegt und auf die perfekte Sauerstoff-Aufnahme. VO2max steht für maximale Sauerstoffaufnahme und ist ein Maß für die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff während körperlicher Belastung aufzunehmen und zu nutzen. Pogacar hat einen Wert von rund 90.
Seit Jahren ist das Pogacar-Training am Stoffwechsel orientiert, mit Schwerpunkt auf die Muskelfasern Typ I – die reich an Mitochondrien sind, vor allem auf Fette zurückgreifen und Kohlenhydratspeicher schonen. „Wichtig ist, wie gut der Sauerstoff von den Mitochondrien in den Zellen verwertet wird“, sagt Inigo San Millán, Professor für Zellbiologie in Colorado und Pogacar-Trainer bei UAE.
Dazu kommen zur Vorbereitung noch spezielles Höhen- und auch Hitzetraining.
3. Sein Körper: Es gibt Sportler, die sind offenbar von Natur ausgeschaffen für ihren Sport. Michael Phelps mit seinen riesigen Armen fürs Schwimmen, Usain Bolt mit seinen langen Beinen und seiner Körpertatur für das Sprinten. Tadej Pogacar offenbar fürs schnelle Radfahren.
Seine Körpersymetrie passt perfekt für einen Radsportler. Auch im Körperinnen ist er wie gemacht für Ausdauersport.
Neben seinem enormen Lungenvolumen kommt bei Pogacar auch die Fähigkeit des schnellen Abbaus von Laktat. Laktat sorgt als Hauptbrennstoff des Körpers für leistungsfähige Muskeln. Es kommt also darauf an, dass ein Körper zugleich eine hohe Laktatproduktion hat wie auch die Fähigkeit, den Stoff schnell wieder abzubauen.
Da er Laktat viel schneller abbauen kann als andere Fahrer, kann er sich innerhalb eines Rennens, sogar innerhalb eines Anstiegs, schneller von starken Antritten im anaeroben Bereich erholen. Pogacar soll zwei bis drei Minuten, wenn seine Konkurrenten das drei oder gar vierfache der Zeit dafür benötigen. Dieses biometrische Profil setzt ihn in die Lage, mehr Attacken zu fahren und mehr Attacken zu parieren.
Er bestreitet Anstiege nicht als beharrliches Ausscheidungsfahren, er zermürbt die Konkurrenz durch explosive Antritte, von denen er sich schneller als sie erholt.
4. Ernährung: Die Ernährung ist eine der oft zitierten Gründe für die Tadej Pogacar Dominanz. Er bekommt für ihn ganz speziell zugeschnittene Ernährungspläne.
Sein Energieumsatz wird schon während den Rennen/Etappen genau protokolliert. Direkt nach dem Rennen werden die Werte überprüft und die Mahlzeiten exakt auf den Kalorienverbrauch abgestimmt. Es wird ganz genau ermittelt, was er und in welchen Mengen nach einer Etappe bzw. nach einem Rennen essen darf.
Vor einigen Jahren ging die Wissenschaft von einer maximalen Kohlenhydrataufnahme von 60 Gramm pro Stunde aus. Die Zusammensetzung der Nahrungsmittel wurde aber mittlerweile so optimiert, dass ein Fahrer bis zu 120 Gramm pro Stunde aufnehmen kann. Wie auch Pogacar. Er bekommt mehr Energie zurück. Das ist entscheidender Vorteil gegenüber den Leistungen aus der (dunklen) Radsport-Vergangenheit.
Pogacar verriet selbst in einem Podcast: „In einer Trinkflasche haben wir entweder 30 oder 60 Gramm Kohlenhydrate. Bei einer harten Etappe sind die 60 Gramm in der Flasche besser, dann kannst du weniger essen. Bei harten Etappen sind es dann auch 120 Gramm pro Stunde. Bei leichteren Etappen sind 60 bis 90 Gramm in Ordnung.“
5. Material: Das Material spielt ebenfalls eine Rolle, warum Tadej Pogcar so gut ist – im Vergleich zur (dunklen) Vergangenheit.
Auch wenn das Mindestgewicht von 6,8 Kilogramm für die Rennräder schon damals stand und diese heute daher nicht leichter sind, so sind sie trotzdem schneller geworden. Wie auch das Pogacar Rad von Colnago. Das betrifft vor allem die Verbesserungen für Aerodynamik, Rahmen, Grip, Komfort, aber auch bei der Schaltung.
Ob die Rennmaschine von Pogacar aber jetzt so viel schneller ist als jene der Konkurrenz? Schwer vorstellbar.
Beim Trikot wird ebenfalls optimiert was geht. So sollen die Ärmel, die dem Wind besonders ausgesetzt sind, aus einem anderen Stoff sein als der Rest des Trikots. Aber auch das kann bei anderen Teams adaptiert werden.
Die unglaublichen Tadej Pogacar Watt Zahlen
Als Fahrer mit dem besten Team und den besten geschaffenen körperlichen Voraussetzungen ist es zusätzlich die mentale Komponente, die Pogacar derart erfolgreich macht. Sein herausragendes Renngespür, sein strategisches und seine offensive Fahrweise können die Kontrahenten zermürben. Pogacar will immer gewinnen. Verwalten gibt es bei ihm nicht.
Die Zweifel an der „Warum ist Tadej Pogacar so gut“-Frage kommen aufgrund seiner etwas unmenschlichen Leistungsdaten auf.
Bei der Tour de France 2020 leistete Pogacar laut den Berechnungen seiner öffentlich zugänglichen Strava-Daten, über mehr als zehn Minuten durchschnittlich 447 Watt – was 6,77 Watt pro Kilogramm Körpergewicht entspricht.
Bei der Tour 2025 kam er beim Bergzeitfahren auf der 13. Etappe sogar auf 7,1 Watt pro Kilogramm. Im Schnitt flog er mit 464 Watt die 10,09 Kilometer hinauf.
Zum Vergleich: Ober-Doper Lance Armstrong konnte damals mit seinem Gewicht von 71 Kilogramm an langen Anstiegen durchschnittlich 470 Watt leisten: 6,6 Watt pro Kilogramm. Er war aber nachweislich voll mit EPO und anderen leistungssteigernden Substanzen.
Die Pogacar Doping Gerüchte: Zweifel fahren mit
Die Doping Gerüchte („Pogacarmstrong“) kommen aufgrund der Pogacar Dominanz immer wieder auf. Auch deshalb, weil in seinem Umfeld einige Herren tätig sind, die einen äußerst zweifelhaften Ruf haben – wie etwa UAE-Teamchef Mauro Gianetti.
Gianetti wurde 1998 vorgeworfen das Dopingmittel Perfluorocarbon verwendet zu haben. Zehn Jahre später war das von ihm gemanagte Team Saunier Duval-Prodir um Riccardo Ricco in mehrere Dopingskandale verwickelt. Mit Joxean Fernandez Matxin war ein anderer aus dem UAE-Team zwischen 2004 und 2008 ebenfalls für dopingverseuchte Saunier-Duval Team tätig.
Pogacar weiß um die Zweifel, er kennt ja auch die Geschichte des Radsports. „Es wäre super dumm, irgendetwas zu nehmen, womit man seine Gesundheit riskiert, nur für ein bisschen Radrennen. Es ist doch nur ein Spiel, es macht Spaß, man will gewinnen, aber es ist nicht alles.“
Zusatz: „Irgendwer wird immer eifersüchtig sein, es wird immer die Hater geben, aber wenn es die nicht gäbe, wäre man auch nicht erfolgreich“.



